ArbeitnehmerInnenschutz für alle Generationen gleich?

Die Frage ist mit Ja und Nein zu beantworten: Ja, was die Standards des ArbeitnehmerInnen- und Gesundheitsschutzes, Nein, was die Vermittlung der Bedeutung des ArbeitnehmerInnen- und Gesundheitsschutzes betrifft.

Derzeit sind in Österreichs Unternehmen vier Generationen in Beschäftigung. Diese unterscheiden sich in ihren Werthaltungen bezüglich der Arbeit: Für die geburtenstarken Jahrgänge (1946–1964), die sogenannten Babyboomer, die noch etwa zehn Jahre arbeiten werden, und für die Generation X (1965–1979) ist die Arbeit zentral und die Bindung an das Unternehmen (sehr) groß. Für die folgenden Generationen Y (1980–1995) und Z (Geburtsjahrgang ab 1996) bekommt Arbeit einen gleichrangigen Wert wie andere Lebensbereiche – Familie, Sport, Musikverein, Ehrenamt usw. – und die Betriebsbindung nimmt ab.

Eine Unterweisung für alle?
Die Generationen unterscheiden sich in ihren Mediengewohnheiten. Das erfordert auch eine altersgerechte Ansprache in Fragen des ArbeitnehmerInnen- und Gesundheitsschutzes. Die klassische Unterweisung – Erklärung, Nachfragen zum Verständnis, Unterschrift – ist medial auf die älteren Generationen zugeschnitten. Die Generationen Y und Z, die in der Phase der Digitalisierung Geborenen (Digital Natives), brauchen andere mediale Ansprachen, z. B. Sicherheits-Apps.

Die Digitalisierung ermöglicht eine raschere Information, z. B. über Strichcodes, die vom Handy eingelesen werden und den sofortigen Zugang zum Sicherheitsdatenblatt oder erforderlicher persönlicher Schutzausrüstung ermöglichen. Das Nutzungsverhalten des Mobiltelefons stellt aber auch, so eigene Beobachtungen in der Stahlindustrie, eine Gefahr dar, weil die Verbote der Nutzung nicht immer eingehalten werden und damit Unfallrisiken erhöhen.

Dieselbe Arbeit für alle?

Die körperliche Entlastung Älterer, die Möglichkeit der individuellen Reduktion von Nachtschichten oder Überstunden, zusätzliche Entlastungstage für Ältere etc. sind nicht nur aus Gründen des ArbeitnehmerInnen- und Gesundheitsschutzes angesagt. Die Jüngeren achten sehr auf ihre künftigen Arbeitsbedingungen und damit darauf, wie heute im Betrieb mit den Älteren umgegangen wird. Deshalb kann sich der entlastende und wertschätzende Umgang mit Älteren positiv auf den Verbleib der Jüngeren im Unternehmen auswirken. Gleichzeitig hat eine ältere Arbeitnehmerin in einer Untersuchung der AK Vorarlberg gesagt: „Die Dynamik der Jüngeren hält Ältere frisch.“ Dynamik und Erfahrung, dieser gesunde Generationen-Mix, erfordert eine altersgerechte Arbeitsgestaltung, also gerecht für junge, mittelalte und ältere Beschäftigte, und ist dringender denn je.

AutorIn: Univ.-Prof. Dr. Heinrich Geissler, Bildungsabteilung der AK Vorarlberg und Berater für Generationen-Management

Praxisbeispiele:
Das Life Programm der VOEST-ALPINE AG
Programm "Bus fahren - ein Lebensberuf", Sab Tours Reisebüro und Autobusbetrieb GmbH

Kategorie: Artikel Praxisberichte